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Drohender „Braindrain“ in den USA: Bemüht sich die deutsche Forschungslandschaft um US-Wissenschaftler?

Drohender „Braindrain“ in den USA: Bemüht sich die deutsche Forschungslandschaft um US-Wissenschaftler?

Für Donald Trump sind sie das Feindbild Nummer eins: Hochschulen, die der US-Präsident als „woke“ ansieht. Entsprechend aggressiv geht er gegen die traditionsreichen Einrichtungen vor. Von der Elite-Universität Harvard forderte Trump unter anderem, die „Meinungsvielfalt“ von Personal und Studierenden sicherzustellen und bei Einstellungen sowie Zulassungen auf das Kriterium der Diversität zu verzichten.

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Die Institution wehrte sich gegen Trumps geplanten Kurswechsel, woraufhin die US-Regierung mehr als zwei Milliarden Dollar Fördermittel einfror. Harvard verklagte daraufhin die Regierung, Hochschul-Präsident Alan Garber verzichtet wegen der Mittelkürzung auf 25 Prozent seines Gehalts.

Andere Unis beugten sich dem Druck und gingen auf Trumps Forderungen ein, etwa die Columbia-Universität in New York.

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Immer mehr Forschende und Lehrende sehen die Wissenschaftsfreiheit in den USA in Gefahr. Einige haben das Land deshalb bereits verlassen, darunter der Philosoph und Faschismusforscher Jason Stanley von der Yale-Universität. Es droht eine Abwanderung der klügsten Köpfe aus den USA – ein „Braindrain“, wie man ihn sonst nur in Entwicklungsländern beobachtet.

Für andere Regionen der Welt liegt darin eine Chance, vor allem für Europa. Anfang des Monats hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein 500-Millionen-Euro-Paket angekündigt, um Forschende gezielt nach Europa zu holen. Auch die deutsche Wissenschafts-Community rechnet sich Chancen aus. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag ist ein 1000-Köpfe-Programm verabredet, mit dem „internationale Talente“ gewonnen werden sollen.

Die Chancen stehen nicht schlecht: Laut Max-Planck-Gesellschaft hat sich bei einer jüngsten Ausschreibung die Zahl der Bewerbungen aus den USA mehr als verdoppelt. Die Technische Universität München (TUM) verzeichnete bei Programmen für internationale Wissenschaftler ebenfalls einen deutlichen Anstieg an Bewerbungen aus den USA.

Thomas Hofmann ist seit 2019 der Präsident der Technischen Universität München.

Thomas Hofmann ist seit 2019 der Präsident der Technischen Universität München.

Quelle: Astrid Eckert, TU München

„Angesichts der zunehmend schwierigen Situation in den USA schauen wir uns derzeit natürlich intensiv um“, sagte Thomas Hofmann, der Präsident der TUM, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Ihm gehe es nicht darum, möglichst viele Personen zu holen, so Hofmann. „Wir konzentrieren uns auf die absolute Weltspitze in strategisch wichtigen Fachbereichen, die exzellent zur TUM passen würden.“

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Die Humboldt-Universität (HU) in Berlin erreichen laut eigenen Angaben inzwischen auch direkte Anfragen von Forschenden aus den USA. Zwar seien die Berufungsverfahren und Stellenausschreibungen für alle Bewerber offen, doch „wenn es fachliche oder andere wichtige Gründe gibt, bedienen wir uns auch des aktiven Recruitings. Dabei blicken wir aufgrund der Exzellenz in der Forschung natürlich auch in die USA“, teilte die HU mit.

Selbst bei gegenseitigem Interesse gibt es allerdings eine große Hürde: das Geld. An den US-Elite-Unis wird traditionell deutlich besser bezahlt als in Deutschland, wo die Hochschul-Mittel knapp sind und in klammen Bundesländern wie Berlin derzeit auch noch gekürzt werden. Die Berliner Landespolitik müsse finanzielle Planungssicherheit schaffen, um den Hochschulen mehr Gestaltungsspielraum zu ermöglichen, fordert eine Sprecherin der HU.

Immerhin ist diese Botschaft inzwischen im Berliner Senat angekommen. Um Wissenschaftseinrichtungen gezielt bei der Gewinnung von US-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern zu unterstützen, stellt die Senatsverwaltung nun einen Förderfonds in Aussicht. „Die Wissenschaft in den USA wird durch die Trump-Regierung massiv unter Druck gesetzt, finanzielle Kürzungen und politische Einflussnahme bedrohen die Wissenschaftsfreiheit“, sagte die Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Ina Czyborra, Berliner Senatorin für Wissenschaft, sieht die Wissenschaftsfreiheit in den USA bedroht.

Ina Czyborra, Berliner Senatorin für Wissenschaft, sieht die Wissenschaftsfreiheit in den USA bedroht.

Quelle: IMAGO/Berlinfoto

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„Wir wollen ihnen eine neue Perspektive in einem exzellenten Umfeld bieten. Und profitieren gleichzeitig von ihrer Expertise, ihrem Netzwerk und den Fördergeldern, die sie mitbringen, um Berlin als Standort für internationale Spitzenforschung weiter zu stärken“, so Czyborra weiter.

Wie viel Geld in diesen Fond fließen soll und an welche Einrichtung es gehen wird, ist allerdings unklar. Mit Blick auf den Haushalt von 2026/2027 fänden zu dem Vorhaben derzeit interne Gespräche statt.

Der Deutsche Hochschulverband (DHV) fordert eine langfristige Verbesserung der Verdienstmöglichkeiten an deutschen Universitäten. Zwar müsse man Wissenschaftlern in den USA, die sich angesichts politischer Entwicklungen um ihre Zukunft sorgen, zur Seite stehen. „Wer dabei indes auch längerfristig US-Forschende gewinnen und binden will, muss nachhaltig attraktive Arbeitsbedingungen bieten können“, sagt Lambert T. Koch, Präsident des DHV. In dieser Hinsicht bestehe in Deutschland noch Nachholbedarf.

Die unverhoffte Möglichkeit, Spitzenpersonal aus den USA zu gewinnen, mag für die deutschen Hochschulen eine Chance sein, es ist aber eine, auf die sie gerne verzichtet hätten. „Spitzenforschung basiert sehr stark auf internationaler Zusammenarbeit. Wenn nun in den USA die Forschung zu den Folgen des Klimawandels sowie die Gesundheitsforschung zurückgefahren werden sollen, ist das natürlich für die globale Forschungslandschaft sehr besorgniserregend”, sagt TU München-Präsident Hofmann dem RND.

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Thomas Hofmann

Präsident der Technischen Universität München (TUM)

Aus seiner Sicht muss sich Europa seiner Verantwortung bewusst sein. „Und gerade Deutschland kann und muss dabei eine führende Rolle übernehmen – als Bewahrerin der Aufklärung und des sozialen Zusammenhalts, als Schutzraum für freie Wissenschaft und Meinungsäußerung, als Innovationsmotor in einer Welt im Wandel.“

rnd

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